Leitfragen

Theoretische (Un-)Bestimmbarkeiten von Diversität

Gegenwärtig ist zu beobachten, dass vermehrt Debatten um Intersektionalität und andere Denktraditionen, die das Verhältnis unterschiedlicher Differenzkategorien zueinander in den Blick nehmen, in bildungswissenschaftlichen Diskussionen aufgegriffen werden. Ist die Fokussierung auf singuläre Dimensionen von Diversität obsolet? Welche theoretischen Paradigmen und diskursive Einsätze eignen sich zur Perspektivierung solcher Auseinandersetzungen? Und wo liegen die Grenzen der bildungswissenschaftlichen Kontextualisierung von Diversität, Heterogenität und Vielfalt?


Sozialraum

Phänomene von Diversität und Differenz sind immer in Bezug auf den Kontext, der diese mit hervorbringt, zu verstehen. Der Fokus auf den Sozialraum nimmt institutionelle sowie gesellschaftliche Bedingungen in den Blick. Dies können bspw. spezifisch urbane oder ländliche Bedingungen, Gemeinwesenarbeit und informelles Lernen oder Arbeit und Beruf sein, sowie die Frage, wie diese auch über die gesamte Lebensspanne hinweg in der Forschung Berücksichtigung finden können.

Methodische Perspektive auf Diversität

Welche Antinomien lassen sich in der empirischen Erforschung von Diversität und ihren unterschiedlichen Zugängen feststellen? Vor welchen Herausforderungen stehen quantitative, aber auch qualitative Zugänge von Bildungsforschung im Heterogenitätsdiskurs? Mit welchen Chancen und Gefahren gehen Monitoringprozesse einher, auch und gerade, wenn sie ein umfassendes Gleichheitsideal als Ausgangspunkt und Zielvorstellung propagieren?

Professionalisierung(s)kontexte

Inwiefern sind die Inhalte und Rahmenbedingungen der gegenwärtigen Lehrer*innenbildung für die Professionalisierung pädagogischer Fachkräfte unter Berücksichtigung von Diversität und Differenz geeignet? Welche Erfahrungen machen Studierende mit Diversität in Schule und Studium und welche Implikationen ergeben sich daraus für die Lehrer*innenbildung? Welche Angebote machen Lehrende und Mentor*innen in diesem Zusammenhang und welche Leerstellen und Desiderate lassen sich dabei identifizieren? Welche Forschungsergebnisse, didaktische Konzepte oder pädagogische Menschenbilder liegen für unterschiedliche Durchführungsformate in der Aus-, Fort- und Weiterbildung vor, die einen diskursiven Umgang mit Diversität ermöglichen?

Organisationsentwicklung

Das Handeln in und das Entwickeln von (pädagogischen) Organisationen, in denen gesellschaftliche Differenzverhältnisse aufgerufen ebenso wie reproduziert werden, ist von zentralem Interesse für Diversitätsforschung, sei es in sozialpädagogischen oder elementarpädagogischen Institutionen, Institutionen der Erwachsenenbildung oder des non-formalen Lernens, der Schulentwicklung/sberatung oder im Bereich der Leitung dieser Organisationen. Auf welche Befunde und Perspektiven kann in der Entwicklung von Organisationen zurückgegriffen werden, um einen adäquaten, an Adressat*innen orientierten Umgang mit Ungleichheit zu gewährleisten?

Medien und Technologie

Inwiefern können technologische Lösungen ein Weg sein, um Bildungsgerechtigkeit im Kontext sprachlicher und sozio-kultureller Diversität zu erreichen? Inwiefern tragen sie aber auch durch ihre Struktur und Funktionsweisen dazu bei, die Marginalisierung von Minderheitenphänomenen zu befördern und existierende Vorurteile zu verfestigen? Parallel zu den Möglichkeiten von Individualisierung und Differenzierung mittels Learning Analytics und KI-gestützter Systeme wird auch befürchtet, dass die Algorithmisierung des Lernens erneut einer behavioristischen Dichotomisierung von „richtig“ und „falsch“ Vorschub leisten könnte. Welche Schlüsse legen aktuelle Forschungsergebnisse nahe?